Der CoolTourist
will Sie auf höchst subjektive Weise zu einer Reise durch partielle Welten der Kultur einladen.
Auf den folgenden Seiten finden Sie u.a. aktuelle Rezensionen zu
Musik (Schwerpunkt: Americana, Folk, Country, Rock), Film, Sprechtheater und Belletristik (Schwerpunkt: deutschspr. Literatur des 20. und 21. Jh.)
Heilig Blut ****
nach dem Roman von Gisela Elsner
am Staatstheater Nürnberg (Schauspielhaus)
Leise und unablässig rieselt der Schnee, doch er kann eine rote Blutbahn, die sich am Boden der schiefen Bühnenebene (Lili Iszák) abgesetzt hat, nicht verdecken. Das ist der eindrucksvolle symbolische Verweis auf Abgründe von Chauvinismus, Rassismus, völkische Ideale und katholische Gläubigkeit, der von der Dramatisierung des Romans „Heilig Blut“ von Gisela Elsner (geboren und aufgewachsen in Nürnberg) am Staatstheater Nürnberg hängen bleiben wird. Die ungarische Regisseurin Ildiko Gaspar hat zusammen mit dem Dramaturgen Fabian Schmidtlein aus dem schillernden Prosatext (entstanden 1984) eine fesselnde Bühnenfassung konstruiert ...
Ausführliche Theaterkritik unter Schau.Bühne
Gisela Elsner: Heilig Blut (Roman)
Nicht nur der Inhalt dieses Romans ist spannend, auch seine Editionsgeschichte. Nachdem Gisela Elsner (1937 - 1992) mit ihrem Debütroman „Die Riesenzwerge“ (1962) Aufmerksamkeit erregte, wurde 22 Jahre später ihr Manuskript zu „Heilig Blut“ vom Rowohlt Verlag abgelehnt. Mit privaten Eskapaden, unkritischen Lesungen in der DDR und mit ihrer Mitgliedschaft in der DKP hatte sich Elsner in eine Außenseiter-Rolle begeben. So erschien der Roman 1987 nur in russischer Sprache im Moskauer Raduga Verlag. Es sollte noch weitere zwanzig Jahre dauern, bis der Berliner Verbrecher Verlag unter maßgeblicher Federführung der Germanistin Christine Künzel „Heilig Blut“ auf Deutsch veröffentlichte - im Rahmen einer ambitionierten Gisela-Elsner-Gesamtausgabe. Inzwischen sind alle elf Bände nicht mehr erhältlich, „Heilig Blut“ wird derzeit antiquarisch zu Preisen von 70 Euro aufwärts gehandelt ...
Ausführliche Rezension unter Lese.Protokoll
Bewohner
Schauspiel Erlangen / Internationales figuren.theater.festival
Als der Züricher Psychiater Christoph Held 2017 seine Aufzeichnungen aus einem Demenz-Pflegeheim unter dem Titel „Bewohner“ veröffentlichte, schrieb ein Rezensent, das Buch lese sich wie ein Theaterstück, „das dem Ensemble unter der Regie des Autors das Letzte abverlangt“, Vorkenntnisse der künstlerischen Arbeiten von Otto Mühl, Samuel Beckett und Eugene Ionesco seien unabdingbar. Moritz Sostmann hat diesen Text dann 2018 in Köln erstmals auf die Bühne gebracht - als Interaktion von Menschen und Puppen, als gleichberechtigtes Aufeinandertreffen von Figurentheater und Schauspiel. Nun wurde mit diesem Stück in einer kräftig recycelten Fassung das 24. internationale figuren.theater.festival im Großraum Nürnberg / Fürth / Erlangen / Schwabach eröffnet ...
Ausführliche Theaterkritik unter Schau.Bühne
Mike Farris: The Sound Of Muscle Shoals
Über Mike Farris hat einmal ein Kritiker geschrieben, er könne genauso gut Samstagsnacht in einer Rock-Kneipe wie am Sonntagsmorgen in einer Gospelkirche auftreten. Diese Doppelbegabung stellt er mit seinem neuesten Album eindrucksvoll unter Beweis: in den legendären Fame Studios von Muscle Shoals, Sweet Home Alabama hat er neun Eigenkompositionen und zwei Covers eingespielt - das Ergebnis ist eine CD, die schon jetzt zu den klaren Kandidaten für „Best Of 2025“ gezählt werden kann ...
Ausführliche CD-Kritik unter Hör.Test
The Paris Rogues: Live and Learn
Paul Simon und Art Garfunkel waren ein weltberühmtes Duo, allerdings mit einer klar hierarchischen Arbeitsteilung: Paul Simon war der Songschreiberund der musikalische Direktor, Art Garfunkel war die schöne Stimme. Anders liegt die Sache bei dem keineswegs weltberühmten Duo The Paris Rogues: Peter Rogan und Michael C. Parris haben sich 2021 bei einem Songwriter-Seminar in North Carolina kennengelernt und festgestellt, dass die musikalische Chemie bei ihnen gut stimmt, dass sie ein echtes Team in den Bereichen Songwriting, musikalische Fertigkeiten und Gesang sind. Das Ergebnis ist nun ein schönes Album mit zehn Songs unter wesentlicher Beteiligung des damaligen Seminarleiters Phil Madeira (bekannt als Keyboarder für die Emmylou-Harris-Band) ...
Ausführliche CD-Kritik unter Hör.Test
Jenny Erpenbeck: Kairos (Roman) ****
Kairos (Betonung auf dem o!), das ist der griechische Gott des glücklichen Augenblicks, dessen Locke man ergreifen sollte, bevor er an einem vorbeigeglitten ist. Das hat auch die Kohl-Regierung 1989/1990 getan, als durch Gorbatschows Glasnost und Perestrojka sowie durch den inneren Zerfall des DDR-Systems sich ein Fenster der Geschichte kurzzeitig öffnete. Jenny Erpenbecks Roman bewegt sich ziemlich genau in diesem Zeitraum überwiegend in Ostberlin, bricht das zeitgeschichtliche Geschehen auf eine private Vereinigung herunter, die im Gegensatz zur deutschen Wieder-Vereinigung jedoch nur von kurzer Haltbarkeit is ...
Ausführliche Rezension unter Lese.Protokoll